Ich bin ja immer mal wieder auf der Suche nach eReadern abseits der bekannten Marken. Und so ist mir bei Amazon ein Woxter Scriba 195 aufgefallen, den es für knapp 70 € in rot, blau, schwarz und braun gibt.
Hinweis: Ich habe das Exemplar für diesen Test bei Amazon erworben.
Hinter Woxter verbirgt sich ein spanisches Unternehmen, das — ähnlich wie Energy Sistem — allerlei Multimediakram unter eigenem Label vertreibt. Und so wird auch der Scriba 195 keine wirkliche Eigenentwicklung sein, zu stark erinnert er an die Geräte von Trekstor von vor ein paar Jahren (und mit denen ich bei PAPIERLOS LESEN begonnen hatte).
Gehäuse und Design
Dass der Scriba ein billiges Gerät ist, merkt man ihm beim ersten Halten direkt an. Er ist mit 135 g für ein 6″-Gerät sehr leicht. Das hängt möglicherweise damit zusammen, dass sein Bildschirm weder beleuchtet, noch berührungsempfindlich und aus Plastik ist. Und vielleicht reduziert der fehlende WiFi-Baustein das Gewicht auch, denn der Scriba ist der einzige aktuelle Reader, der keine WLAN-Unterstützung mitbringt.
Bedient wird der Reader über vierzehn Tasten. Das sind einmal die vier Blättertasten, die sich links und rechts vom Bildschirm befinden, das Steuerkreuz mit seinen fünf Tasten und vier weitere Tasten, rechts und links vom Steuerkreuz. Und natürlich dem Powerknopf, der sich — wie bei den meisten eReadern üblich — an der unteren Gehäusekante befindet.
Dort unten sitzt auch der Einschub für die optionale Micro-SD-Karte und den Micro-USB-Anschluss, über welche der Reader mit neuem Lesestoff bestückt werden kann. Außerdem gibt’s das Resetloch, das weiterhilft, wenn gar nichts mehr geht. Das habe ich während meines Tests aber nicht gebraucht, auch wenn der Reader ab und zu einen Hänger hatte.
Der Scriba ist erstaunlich gut verarbeitet, nichts knarzt, wenn man das Gehäuse verdreht. Die Tasten sitzen einwandfrei im Gerät, wackeln nicht und lassen sich sehr leicht drücken. Aber man hört, dass es ein eher preiswertes Gerät ist.
Bildschirm und Lesbarkeit
Zum verbauten Bildschirm schreibt Woxter selbst, dass ein “E-Ink-Pearl Plus”-Display mit 167 ppi Auflösung im Gerät steckt. Ich bezweifle, dass es ein “Pearl Plus”-Display von E-Ink gibt, da dieser Begriff nur im Zusammenhang mit dem Woxter-Reader auftaucht.
Egal, der Schwarzwert der Schrift ist ok und der Hintergrund etwa so hell wie der eines Displays mit Cartatechnologie. Trotzdem ist es qualitativ nicht mit den normalen Pearl- oder Carta-Displays zu vergleichen. Die Schrift wird bereits nach dem ersten Blättervorgang blasser und im Hintergrund ist auch Ghosting sichtbar. Zum Glück kann eingestellt werden, dass die Seite nach jedem, nach drei oder fünf Blättervorgängen mit aufgefrischt wird. Eine eigene Taste löst den Seitenrefresh auch schon eher aus.
Möglicherweise würde das Schriftbild besser aussehen, wenn sich mehr als eine Schriftart auswählen liese. Denn alle eBooks werden standardmäßig mit einer Serifenschrift — vermutlich die Times New Roman — dargestellt. Und die eignet sich in meinen Augen nicht besonders gut zum Lesen auf e-Ink-Displays. Eine andere Schrift lässt sich nur angezeigen, wenn sie fest im Buch eingebettet ist.
Software und Bedienung
Die Software des Scriba 195 ist sehr rudimentär ausgeführt. Weil der Reader aus Spanien kommt, ist die Oberfläche nach dem ersten Start auch auf spanisch eingestellt. Das lässt sich aber schnell ändern, nämlich indem man zunächst auf der Startseite auf “Ajustes” geht, dort dann “Idioma” auswählt und dann noc “Deutsch wählen” markiert. Danach das Ganze bestätigen und schon ist die Oberfläche auf deutsch, wenngleich bisweilen auch etwas holprig übersetzt.
Die Bibliothek hat ihren Namen nicht wirklich verdient, erlaubt sie es doch nicht einmal die eBooks nach verschiedenen Kriterien zu sortieren. Alle eBooks werden immer nur nach Titel sortiert angezeigt. Immerhin lässt sich die Darstellung von Listen- auf Coveransicht umstellen, allerdings erkennt das gerät meistens keine Cover. Bücher lassen sich als Favoriten markieren und die Bibliothek kann durchsucht werden. Damit klappt auch die Suche nach Autor. Alle zuletzt gelesenen eBooks werden in einem Menü angezeigt, dass “Browserverlauf” heißt, obwohl der Reader gar keinen Browser hat.
Die Bibliothek zeigt alle eBooks in einer Ebene an, wer seine Bücher in Ordnern sortiert hat, muss über den eingebauten Explorer gehen. Dort werden die eBooks nur mit ihren Dateinamen angezeigt, lassen sich aber auch löschen.
Außerdem gibts auf dem Reader einen Bildbetrachter, zwei Spiele (Sokoban und Jigsaw), einen Kalender und die Einstellungen. Die sind auch sehr rudimentär, es lassen sich nur Datum/Zeit ändern, das Refreshverhalten und wann und ob der Reader in den Standby gehen soll oder komplett abgeschaltet wird. Übrigens kehrt der Reader nur aus dem Standby ins gelesene Buch zurück, wird er abgeschaltet, startet er beim nächsten Mal auf der Startseite.
Wie oben geschrieben, lässt sich in den Einstellungen zudem die Sprache ändern.
Der Scriba unterstützt eBooks und PDF-Dokumente auch mit Adobe-DRM, allerdings müssen diese über Digital Editions auf das Gerät geladen werden. Ansonsten kann der Reader auch noch FB2, HTML, DOC, RTF, TXT, TAR und TCR-Dokumente anzeigen. Und ein paar Bildformate (JPG, BMP, GIF und PNG) kann er auch.
eBooks lesen
Auch wenn der Scriba 195 eBooks nur mit einer einzigen Scriftart anzeigt, lässt sich auf dem Gerät doch überraschend angenehm lesen. Über die seitlichen Blättertasten können sowohl Rinks- als auch Rechtshänder problemlos weiterblättern, da auf beiden Seiten gilt: die obere Taste blättert zurück, du untere vorwärts. Alternativ kann die Ausrichtung auf Quer gestellt werden und dann lässt sich bequem mit dem Steuerkreuz blättern.
Die Schriftgröße kennt sechs unterschiedliche Einstellungen, selbst der Abstand zum Rand kann geändert werden. Größe und Seitenrand sind zwar auch übers Menü erreichbar, das über die mittlere Taste des steuerkreuzes geöffnet wird, beides lässt sich über die äußeren Tasten aber auch schneller erreichen.
Erstaunt hat mich, dass der Absatzbug des AdobeViewers, der auch im Scriba werkelt, nicht besonders stark ausgeprägt ist. Hin- und wieder unterschlägt er schon zwei, drei Zeilen am Ende der Seite (die werden natürlich auf der nächsten Seite angezeigt), aber so schlimm wie noch vor Jahren ist er nicht. Beim Lesen fällt er jedenfalls kaum noch auf. Störender dagegen finde ich den dauerhaft in der Kopfzeile eingeblendeten Buchtitel, der zudem noch invers dargestellt wird. Bei jedem Blättervorgang blinkt der Titel unangenehm auf.
PDF lesen
Sehr überrascht hat mich beim Scriba 195, nicht nur, dass er PDFs anzeigen kann, nein er hat auch einen recht brauchbaren Reflowmodus.
Der braucht zwar beim Starten und Blättern hin- und wieder einige längere Gedenksekunden, aber er wandelt die PDFs in eine gut lesbare Textversion um. Das können noch nicht mal die Tolinos.
Markierungen, Notizen und Wörterbücher…
… gibt es auf dem Scriba nicht. Einzig Lesezeichen lassen sich setzen.
Zusammenfassung
Das könnte für den Woxter Scriba 195 sprechen
- Leicht
- Seitliche Blättertasten
- Unterstützung für eBooks aus der Onleihe
- PDF-Reflow möglich
Das könnte gegen den Woxter Scriba 195 sprechen
- Schrift lässt sich nicht ändern
- Rudimentäre Bibliothek
- Bleibt bei PDF-Dokumenten häufig hängen
- Absatzbug des AdobeViewers vorhanden
Preise und Bezugsquelle
- ~ 57 € bei Amazon (blau)
Fazit
Als ich den Scriba 195 bestellte, habe ich eigentlich damit gerechnet, eine ziemliche Möhre in den Händen zu halten. Und war überrascht, dass sich der Reader in der Hand recht gut anfühlt und auch gut verarbeitet ist. Wäre da nicht die veraltete Software, die kaum Möglichkeiten bietet, das Verwalten und Lesen der eBooks angenehm zu gestalten.
Trotz der merkwürdigen Software ist es nicht so, dass man keine eBooks mit dem Gerät lesen kann. Durch die seitlichen Blättertasten (oder das Steuerkreuz) geht das sogar recht angenehm und wer keine hohen Ansprüche hat oder nichts anderes kennt, kommt mit dem Gerät sicher gut zurecht. Andererseits gibts für die siebzig Euro, die für das Gerät hingeblättert werden müssen, auch schon bessere Angebote. Dabei denke ich an den Einsteigerkindle, den Tolino Page oder — wenn man etwas mehr ausgeben kann und kein Touchdisplay möchte — an den PocketBook Basic 3 bzw. dessen beleuchteten Bruder.
Hab mir erst kürzlich den Black Kindle 4 bei ebay für rund 25€ gekauft. Laut Verkäufer einmal angeschaltet und dann im Schrank verschwunden. Der äußere Zustand sieht auch denmach wie neu aus. Bin sehr zufrieden.
schicke Farbe! Schade, dass die etablierten Hersteller sich sowas nicht trauen …
@PeterHadTrapp
Es gibt schon einige bunte Reader, beispielsweise die Bookeen Saga-Modelle in Rot, Grün, Blau und Gelb, der Pocketbook Aqua 2 in Blau, den Pocketbook Touch Lux 3 gibt’s in Rot und Gold (schon die Sony-PRS-T-Reader gab’s ja auch in Rot). Meine Erfahrung ist aber, dass das doch ziemlich beim Lesen ablenkt. Für den Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund ist ein schwarzer Reader immer noch am Besten.
Kann ich so jetzt (für mich) nicht bestätigen, weil ich beim Lesen nur die Schrift bzw. den Kontrast der Schrift zum Hintergrund wahrnehme und den Rahmen ringsum ausblende bzw. verschwimmen lasse.
Beim Sony T3 in Rot fällt mir jedenfalls der Unterschied zum schwarzen Modell beim Lesen auf. Der Pocketbook TL3 in “Ruby Red” ist da unaufdringlicher. Den Aqua 2 habe ich selbst noch nicht ausprobiert, der scheint aber auch von der Farbe her “unauffälliger” zu sein als etwa der blaue Bookeen Saga.
Mir erschien jedenfalls schon immer bei einem Reader mit einem schwarzen Gehäuse der Kontrast Schrift / Hintergrund größer als bei dem gleichen Modell mit einem weißen Gehäuse. Das gilt insbesondere für die älteren Geräten, die noch kein Carta-Display hatten.
Vermutlich hängt das auch damit zusammen, wie nah du den Reader zum Lesen hältst. ich sage nur Altersweitsichtigkeit … Und wenn du die Beleuchtung, soweit vorhanden, einschaltest, ist es auch wieder anders.
Wäre interessant, ob hier schon jemand Erfahrungen mit einem grünen oder gelben Reader gemacht hat.
Übrigens erinnert mich der Scriba 195 ziemlich an den Energy Sistem Slim HD. Der hat auch vergleichbare Schwächen und Probleme bei der Darstellung bzw. Verwaltung.