Kobo Forma im Praxistest

Bereits zum zweiten Mal dieses Jahr hat Kobo ein neues Gerät herausgebracht. Handelte es sich beim Clara HD noch um die logische Fortsetzung der 6-Zoll-Reihe, so löst der Forma langfristig wahrscheinlich den bereits zwei Jahre alten Aura One ab.

Leider ist der Forma bei uns nicht so leicht zu bekommen, momentan wird er bei Amazon mit einem unverschämten Aufpreis verkauft. Ich habe mir einen besorgt und ihn in den letzten Tagen ausprobiert.

Kobo Forma
Kobo Forma

Design, Ausstattung und Verarbeitung

Mit 198 g ist der Forma der bisher leichteste eReader mit 8-Zoll-Display. Um das zu erreichen, verabschiedet sich Kobo vom klassischen Design, bei dem die Elektronik und der Akku mehr oder weniger unterhalb des Bildschirms verbaut sind. Der Forma folgt dem Design der ersten beiden PocketBook Inkpadmodelle und dem des Kindle Oasis und bringt nun einen seitlichen Griff, in dem sich Steuerelektronik, Akku und Bedienelemente befinden.

Da sich alles wichtige im Griff befindet, konnte Kobo das Gehäuse leicht keilförmig gestalten. Es ist unter dem Bildschirm an der dünnsten Stelle nur 4,2 mm dick, an der dicksten hingegen 5,8 mm.

Keilförmiges Gehäuse
Keilförmiges Gehäuse

Die Rückseite ist gummiert und hat ein Muster, in dem sich gern mal Krümel sammeln.

Auf den Produktfotos wird der Forma gern im Querformat gezeigt, ich halte dies aber für einen Marketinggag, weil die natürliche Lesehaltung natürlich so ist, dass sich der Griff auf der rechten (oder linken) Seite des Bildschirms befindet. Mittig ausgerichtet im Griff befinden sich die beiden Blättertasten, die aus einem Stück bestehen. Nur die beiden  Wülste oben und unten lassen sich drücken, der Spalt in der Mitte ist lediglich ein funktionsloses Designelement.

Powerknopf und Micro-USB-Anschluss an der rechten Gehäuseseite
Powerknopf und Micro-USB-Anschluss an der rechten Gehäuseseite

Am rechten Gehäuserand befinden sich noch der Einschalter und der Micro-USB-Anschluss, sowie – wie bei Kobo üblich – sämtliche Gerätebeschreibungen und Hinweise, die aufs Gerät müssen und die – wie üblich – schwer zu lesen sind. Die Vorderseite des Griffes ist gummiert und sie steht etwas über die sonst flache Oberseite des Gerätes heraus. Einerseits sammeln sich am Übergang zum Griff schnell Krümel und auch die Gummierung zieht Fingerabdrücke magisch an (wie übrigens auch die Rückseite). Dadurch sieht der Reader nach kurzer Nutzungsdauer bereits ziemlich speckig aus.

Im Innern werkelt ein 1 GHz-Prozessor, dem 512 MB Arbeitsspeicher zur Verfügung stehen. Von den angegebenen 8 GB Speicher stehen dem Nutzer rund 6,7 GB für eBooks zur Verfügung. Der Speicher lässt sich nicht erweitern, aber das ist auch nicht nötig, da er für tausende eBooks reicht. Musik oder Audiobooks kann der Forma nicht abspielen. Ein Wasserschutz sorgt dafür, dass der Reader 60 min in maximal 2 m tiefem Wasser überlebt.

Die Verarbeitung des Gerätes ist insgesamt sehr gut, nicht wackelt, knarzt oder knackt. Unregelmäßige Spaltmaße habe ich nicht gefunden.

Bildschirm

Beim Bildschirm setzt Kobo nun auf einen 8-Zoll-Bildschirm, der 3 mm breiter und 4 mm höher ist, als 7,8-Zoll-Bildschirme. Er ist plan mit dem Gehäuse verbunden. Auch dieser Bildschirm hat die von Kobo als ComfortLight PRO bezeichnete Nachtlichtfunktion dabei, bei der sich die Farbtemperatur der Beleuchtung abends immer mehr Richtung orange bewegt. Im Gegensatz zu älteren Kobos erreicht der Forma in der Maximalstellung aber nicht mehr deren schrillen Orangeton. Und auch bei abgeschalteter Nachtlichtfunktion ist das Display eher etwas warm eingestellt. Andere Reader erlauben hier richtiges Weiß bis bis leicht Blaue hinein.

Nachtlichtvergleich Kobo Aura One und Kobo Forma
Nachtlichtvergleich Kobo Aura One und Kobo Forma

Die Qualität der Ausleuchtung weit entfernt von perfekt. Es sind zwar keine Schattengitter oder Lichthöfe zu sehen, allerdings zieht sich am rechten Bildschirmrand ein relativ breiter Lichtstreifen von oben bis unten durch. Von diesem Rand aus strahlen die LEDs ins Display. Außerdem zeigt der Bildschirm einen leicht sichtbaren, horizontalen Farb- und Helligkeitsverlauf, der mich aber im Zusammenspiel mit dem erwähnten Lichtstreifen beim Lesen sehr stört.

Ausleuchtung des Bildschirms mit vertikalem Streifen und Helligkeitsverlauf bei abgeschaltetem Nachtlicht
Ausleuchtung des Bildschirms mit vertikalem Streifen und Helligkeitsverlauf bei abgeschaltetem Nachtlicht

Ich vermute, das liegt einerseits an der Trägheit des Auges (oder des Gehirns) sich an Helligkeitsunterschiede zu gewöhnen und an der Art, wie wir lesen. Wir scannen eine Seite nämlich immer Zeile für Zeile von links nach rechts ab. Und nehmen dabei die ab- oder zunehmende Helligkeit eines horizontal verlaufenenden Lichtabfalls wahr. Beim Wechsel zur nächsten Zeile ändert sich die Helligkeit dann sprunghaft zurück auf den größten Helligkeitsunterschied. Im Gegensatz dazu ändert sich die Helligkeit bei vertikalem Helligkeitsverlauf von Zeile zu Zeile so wenig, dass wir uns bis zum Ende der Seite langsam daran gewöhnt haben und ihn deshalb nicht so stark wahrnehmen. Möglicherweise beurteilen wir auch vertikale Verläufe unbewußt anders, weil wir sie aus der Natur kennen.

Vielleicht schreibe ich aber auch nur Blech und liege falsch mit meiner Theorie? Wer eine bessere Idee hat, kann sie gern in den Kommentaren hinterlassen.

Soviel also zum Helligkeitsverlauf, der interessanterweise bei den weißen LEDs sichtbarer ist, als bei den orangenen.

Ausleuchtung des Bildschirms mit vertikalem Streifen und Helligkeitsverlauf bei eingeschaltetem Nachtlicht
Ausleuchtung des Bildschirms mit vertikalem Streifen und Helligkeitsverlauf bei eingeschaltetem Nachtlicht

Jedenfalls stört mich der Verlauf und der Lichtstreifen bei meinem Exemplar so sehr, dass ich die Beleuchtung entweder ganz abschalte oder nur mit orange beleuchtetem Bildschirm lese.

Im täglichen Gebrauch

Beim ersten in-die-Hand-nehmen wirkte der Forma durch das geringe Gewicht und die verwendeten Materialen nicht besonders hochwertig. Aber das ist nur der erste Eindruck und er kann auch dadurch befeuert werden, weil für mich hochwertige Dinge bisher immer etwas schwerer oder glatter waren. Durch das asymetrische Gehäuse liegt der Reader aber ungemein angenehm in der Hand und die gummierte Oberfläche sorgt für sicheren Halt. Lesen macht – abgesehen von den Bildschirmfehlern – sehr viel Spaß und die Bücher lesen sich in einem Ritt weg.

Kobo Forma unbeleuchtet
Kobo Forma unbeleuchtet

Leider trüben die Tasten den positiven Gesamteindruck des Gerätes. Der seitliche Powerknopf ist zwar ausgesprochen gut erreichbar, aber so schwergängig, schwammig und ohne Druckpunkt, dass ich ständig Probleme habe, ihn zu drücken. Jedesmal überlege ich, ob es reicht, ihn kurz zu drücken oder ob er fester gedrückt werden muss. Wer eine Hülle nutzt, kommt um das Problem herum, da diese den Reader ein- und ausschaltet.

Ohne Hülle muss der Forma nochmal extra per Wischgeste entsperrt werden, nachdem er über den Powerknopf aus dem Standby geholt wird. Das kenne ich so jetzt nur von den Kindles mit eingebauter Werbung. Das nervt dort schon, aber warum es beim Forma ohne Werbung auf dem Standbyscreen auch sein muss, erschließt sich mir nicht.

Die Blättertasten haben zwar einen Druckpunkt, sind aber auch etwas schwergängig. Immerhin ist das Klickgeräusch sehr leise. Mit der unteren Taste wird vor- und mit der oberen zurückgeblättert. Weil die Tasten rund 2 cm auseinanderliegen, ist es schwer, mit der oberen Taste mal eben zurückzublättern. Leichter geht’s dann über die Wischgeste. Wahrscheinlich dient die obere Taste aber eher als Blättertaste für die linke Hand, wenn der Reader um 180 Grad gedreht wurde. Schade, dass der Bereich zwischen den Tasten keine weitere Taste enthält, hier hätte beispielsweise der Lichtschalter reingepasst.

Erstmalig ist es bei einem Koboreader möglich, nicht nur PDF-Dokumente, sondern auch eBooks im Querfomat zu lesen. Leider ist die Funktion nicht sehr durchdacht, denn große Bildschirme haben bei kleinen bis mittleren Schriftgröße sehr lange Zeilen, worunter die Lesbarkeit leidet. Warum Kobo hier keine Zweispaltigkeit einbaut, gern auch optional, verstehe ich nicht.

Die Gewichtsersparnis erkauft sich Kobo durch einen kleinen Akku, der dementsprechend auch nicht lange durchhält. Zwei, drei Tage ein paar Stunden gelesen und schon muss er wieder ans Netz. Klar, heutzutage hat jeder ein USB-Ladegerät herumliegen, zur Not kann der Reader auch am PC aufgeladen werden. Aber das große Argument mit der wochenlangen Akkulaufzeit zieht beim Forma nicht mehr. Dass es anders geht (größerer Akku, 5 g schwerer), zeigt PocketBook mit dem Inkpad 3.

Der Forma hat einen Orientierungssensor, der erkennt, wie herum das Gerät gehalten wird und den Inhalt entsprechend dreht. In der Theorie klingt das gut, in der Praxis hat das hier aber so seine Tücken. Denn der Forma stellt gerne mal den Text auf den Kopf, wenn er einfach auf dem Tisch abgelegt oder schräg gehalten wird. Leider lässt sich der Orientierungssensor nicht komplett abschalten, sondern nur auf Hoch- oder Querformat beschränken. Aber dann tritt das Problem trotzdem noch auf.

Eine gute Nachricht gibts hingegen für den Fall, wenn der Reader ins Wasser getaucht wird. Noch der Aura H2O-2 blätterte unter Wasser munter weiter, da das Gerät den Wasserdruck als Eingaben erkannte. Der Forma hingegen bleibt stur auf der zuletzt angezeigten Seite stehen, auch wenn man unter Wasser auf den Bildschirm tippt:

Zusammenfassung

Das könnte für den Kobo Forma sprechen

  • Seitliche Blättertasten
  • Wasserdicht bis 2 m
  • Großer Bildschirm
  • Orientierunssensor
  • Nachtlichtfunktion
  • Onleihe kann benutzt werden
  • Wörterbücher vorhanden
  • Webartikel per Pocket-Dienst importierbar
  • Eigene Schriften können installiert werden

Das könnte gegen den Kobo Forma sprechen

  • Störender Streifen am Bildschirmrand
  • Störender Helligkeitsverlauf im Display
  • Schwammiger, druckpunktloser Einschalter
  • Schwergängige Blättertasten
  • Zwangsanmeldung des Gerätes bei Kobo
  • Onleihe nur über Adobe Digital Editions nutzbar
  • PDF-Betrachter kann kein Reflow

Preise und Bezugsquelle

Fazit

Vom Design und der allgemeinen Handhabung gefällt mir der Kobo Forma sehr gut und ich kann auf ihm prinzipiell auch sehr angenehm lesen. Allerdings überzeugt mich das Gesamtpaket nicht. Wenn ich knapp 300 € für einen eReader ausgebe, erwarte das Beste vom Besten zu bekommen. Dazu zählt für mich in erster Linie ein perfekt ausgeleuchteter Bildschirm, danach eine leichte Bedienung und eine fehlerfreie Software. Bei letzterer drücke ich gern die Augen etwas zu, weil sich bei neuentwickelten Geräten anfangs immer unerwartete Fehler zeigen können. Aber beim Display möchte ich in dieser Preisklasse keine Kompromisse eingehen müssen. Denn angenehm lesen lässt es sich auch auf kleineren bzw. preiswerteren Geräten. Und das eingesparte Geld investiere ich dann lieber in Lesestoff.

Übrigens steigen die Preise für den Forma bei Amazon derzeit ins Unermessliche. Ich habe für mein Gerät 305 € gezahlt, rund zwei Wochen später steht der Preis zwischen 350 € und 390 €. Wäre schön, wenn Kobo sich entschließen würde, wieder ins Deutschlandgeschäft einzusteigen oder die Gerät als Tolinos herausbringen würde. Vielleicht ereilt den Forma ja das gleiche Schicksal, wie den Clara HD, der jüngst als Tolino Shine 3 nach Deutschland kam. Und vielleicht gibts dann auch ein besseres Display für den Forma.

Datenblatt anschauen


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12 Gedanken zu „Kobo Forma im Praxistest“

  1. Lieber Michael, du schreibst, dass zum ersten Mal auf einem Kobo-Reader überhaupt auch ebooks statt nur PDFs im Querformat gelesen werden können. In den Argumenten gegen den Forma schreibst du aber, dass das Querformat nur bei PDFs möglich ist

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  2. Hallo Michael,
    auf den Fotos ist der Seitenrand im Blocksatz wunderschön gleichmäßig.
    Wie kann ich das einstellen? Bei meinem neuen Forma ist der rechte Rand viel breiter als der linke. Auch den Zeilenabstand kann ich nicht verstellen, gibt es da irgendwelche Tricks?
    Wär echt schade wenn das nicht funktioniert…

    Leseratte

    Antworten
      • Danke,
        ich vermute, dass mir da der Kopierschutz im Wege steht? Es gibt bestimmt Mittel und Wege, da ich jedoch meistens Bücher aus der Onleihe lese wird mir das vermutlich zu aufwändig.

        Antworten
  3. Danke für diese Informationen . Ich bin 14 Jahre alt und wollte mich über e-books informieren . Sie haben mir sehr geholfen und vor allem meine Entscheidung leicht gemacht ob ich mir einen zulegen soll. Ich habe mich nun entschieden ,dass ich mir einen kaufe da ich sehr gerne lese und da ich so einiges an Platz sparen kann. Vielen Dank für ihre Auskunft

    Antworten
  4. Hallo

    Vielen Dank für den super Artikel.

    Ich benutze oft die Wörterbuchfunktion bei fremdsprachigen Büchern, sowie die Highlighting-Funktion, um mir Stellen zu merken. Da muss der Touchscreen sehr präzise arbeiten. Das war bei meinem ersten Kobo (Aura HD) auch kein Problem. Habe jetzt aber einen Aura One, der ist zwar schnell und elegant, aber ich ärgere mich über dessen unpräzisen Touchscreen. Es braucht immer fünf, sechs Versuche und ein absichtliches “Danebenhalten”, bis das richtige Wort kommt. Highlighten kann man praktisch vergessen. Ich vermute es hat mit dem Nahtlos-Display zu tun.

    Ist das beim Forma besser?

    Vielen Dank,
    Markus

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