Kobo Clara HD im Praxistest

Nachdem der letzte 6-Zöller von Kobo vor knapp zwei Jahren eher als technischer Rückschritt zu betrachten war, macht der kanadische Hersteller jetzt wieder einen Schritt nach vorne und stattet das neue Modell mit aktuellster Technik aus.

Obwohl Kobo offiziell nicht mehr in Deutschland verkauft, ist der Reader über Amazon für 139 € erhältlich. Anfang Juni habe ich dort einen gekauft und ihn seither getestet.

Gehäuse und Design

Das Gehäuse des Clara HD präsentiert sich sehr schlicht und mit 166 g ist er auch relativ leicht. Wie beim Vorgänger ist der Bildschirm leicht ins Gehäuse eingelassen. Die Flächen rund um den Bildschirm sind 1 cm breit, unterhalb des Bildschirms 2,3 cm.

Die Rückseite ist nicht gummiert, sondern besteht aus glattem Plastik, wodurch der Reader selbst (gefühlt) nicht besonders sicher in der Hand liegt. Daran ändert auch nichts die Struktur der Rückseite, die sich zudem als ausgemachte Falle für Krümel und Staubpartikel entpuppt.

Kobo Clara HD: Rückseite mit Struktur als Staubfänger

Der Einschaltknopf, beim Vorgänger noch in blau und gut erreichbar auf der Rückseite zu finden, ist nun auf die Unterseite des Gerätes gewandert und erinnert durch seine Form auf den ersten Blick an einen Mobilfunk- oder Speicherkarteneinschub bei Smartphones oder Tablets. Dabei hat der Clara HD nur einen acht Gigabyte großen Speicher, der 6,7 GB für eigene Bücher bereithält.

Kobo Clara HD: Powerknopf (nein, kein herausnehmbarer Speicherkartenslot) und Micro-USB-Anschluss auf der Unterseite

Außer dem Powerknopf ist auf der Unterseite nur noch der Micro-USB-Anschluss zu finden, über den der Reader aufgeladen oder mit neuen Büchern betankt werden kann.

Bildschirm

Der Bildschirm des Clara HD entpuppt sich als 6“-Carta-Bildschirm der E-Ink-Corporation, die Bildschirme für alle eReader liefert. Mit 300 ppi und eingebautem Blaulichtfilter rangiert das Display technisch am qualitativ oberen Ende.

Kobo Clara HD

Allerdings nur theoretisch, denn bei meinem Exemplar sind an den unteren Bilschirmkanten sehr deutlich sichtbare Lichtstreifen erkennbar (sichtbar auf den Bildern unten), die beim Lesen im Dunklen stören können. Beim Drücken aufs Gehäuse an den entsprechenden Stellen verschwinden die Lichtbänder fast. Offensichtlich gibts hier Verarbeitungsprobleme mit der Displayabdichtung, die Kobos Qualitätskontrolle nicht aufgefallen sind. Dieser Beitrag im eReaderforum beschreibt das Problem recht gut.

Die Nachtlichtfunktion lässt sich im Vergleich zu den beiden anderen Kobos nicht so sehr stark regeln. Die Maximaleinstellung des Clara HD entspricht in etwa der mittleren Einstellung des Aura H2O, wenngleich auch die Farbtemperatur etwas anders ist. Die folgenden Bilder zeigen alle drei Geräte im Vergleich:

Im Moment gibt es zwei weitere 6-Zoll-Reader, deren Nachtlicht ähnlich orangefarben ist, wie das des Clara HD. Das sind der BQ Cervantes 4 und der PocketBook Touch HD 2. Den Tolino Vision 4 HD spare ich an dieser Stelle aus, da dessen Nachtlicht gelb ist.

Nachfolgend habe ich die drei orangenen Nachtlichtreader verglichen, um zu sehen, wo sich der Clara HD einordnet.

Bedienung

Heutzutage bestehen die Unterschiede der Geräte eines Herstellers ja fast ausschließlich in der Hardware. Die Geräte lassen sich im Wesentlichen gleich bedienen. Und so passt auch der Clara HD ganz in die Philosophie der restlichen Kobogeräte, wenn man mal vom unergonomischen Powerknopf absieht.

Dabei fällt mir auf, dass der geänderte Powerknopf und die Rückseite aus Pastik statt Gummi die Entergonomisierung der Kobos in den letzten Jahren nur konsequent fortsetzt. Anfangs hatten die Kobos die Powerknöpfe auf der Oberseite und daneben noch den Lichtschalter. Letzterer wurde als Erster weggelassen, nun ist der Powerknopf eben — wie bei den meisten anderen eReadern — unten angekommen. Dort sitzt er traditionell, weil sich die restlichen Anschlüsse dort auch befinden. Eine Änderung der Position bedeutet eben auch mehr Material, das verbaut werden muss und letztlich das einzelne Gerät entweder verteuert oder den Gewinn des Herstellers schmälert.

Gerade die besser positionierten Knöpfe der Kobos hatten mir ímmer besser gefallen, als bei den Geräten der anderen Hersteller (von einzelnen Ausnahmen mal abgesehen).

Lesestoff laden

Ansonsten lässt sich auch der Clara HD wie andere Koboreader bedienen. eBooks landen über den eingebauten Shop, über das USB-Kabel oder per Download über den eingebauten Browser auf dem Gerät. Leider funktioniert der direkte Download der eBooks aus der Onleihe auch im Jahr 2018 nicht, da der Reader den ASCM-Container nicht verarbeiten kann. Ich glaube auch nicht mehr wirklich dran, dass die Unterstützung noch kommt. Somit bleibt für eBooks aus der Onleihe oder anderen Shops nach wie vor nur der umständlichere Weg über Adobe Digital Editions, das wiederum Linuxnutzer ausschließt.

Wenn sich die eBooks aber auf dem Gerät eingefunden haben, lassen sie sich vielfältig filtern und sortieren, sodass die gesuchten Bücher in der Regel schnell gefunden werden können, ohne die Suchfunktion zu bemühen. Und wie bei Koboreadern üblich, lässt sich auch die Kurzbeschreibung in den Buchdetails anzeigen. Natürlich vorausgesetzt, sie existiert in den Metadaten des Buches.

eBooks lesen

Wie gehabt, stehen zum Lesen elf vorinstallierte Schriften zur Verfügung, auf Wunsch lassen sich weitere nachinstallieren. Neben Schriftart und -größe lassen sich Zeilenhöhe und Randabstand und Textausrichtung ändern.  Bei den vorinstallierten Schriften lässt sich zudem noch die Stärke regulieren.

Das Lesen von eBooks klappt sehr zuverlässig, mir sind keine Hänger der Software aufgefallen. Einzig eine Leerzeile am unteren Bildschirmrand über der Uhr ist mir aufgefallen, aber das scheint ein Problem bei allen Kobos zu sein, denn der Aura H2O und der Aura One zeigen dieses Verhalten auch. Auf den Fotos oben ist das recht gut zu sehen.

Wie auf allen beleuchteten Kobos lässt sich die Bildschirmhelligkeit auch beim Clara HD per vertikaler Wischgeste am linken Rand ändern, für die Schriftgröße ist dies nach wie vor nicht möglich. Die lässt sich nur übers Menü ändern, allerdings merkt sich das Gerät die Schrifteinstellungen buchübergreifend. Auch die Stärke des Nachtlichtes lässt sich nicht per Geste ändern.

Dafür lassen sich die Blätterbereiche ändern, sodass auch sowohl Rechts-, als auch Linkshänder bequem durchs Buch blättern können. Der Lesefortschritt lässt sich als Seitenzahl, aber auch als Zeit bis zum Ende des Kapitels/Buches anzeigen.

Blätterzonen ändern und andere Leseeinstellungen
Blätterzonen ändern und andere Leseeinstellungen

Nachschlagen und Markieren

Einzelne Wörter oder ganze Passagen lassen sich in den mitgelieferten Wörterbüchern (nur Wörter), bei Google, im Buch oder in der Wikipedia  nachschlagen, markieren oder mit Notizen versehen.Bei letzteren steht ein großes Eingabefeld zur Verfügung, in das sich auch längere Notizen bequem eintragen lassen.

Werkzeuge zum Nachschlagen und Markieren
Werkzeuge zum Nachschlagen und Markieren

PDF lesen

PDFs lassen sich mit dem Clara HD zur Not auch mal auch lesen, allerdings ist der Reader eher für normale eBooks geeignet. Das liegt unter anderem daran, dass sich PDF-Dokumente nur vergrößern lassen, es aber nicht möglich ist, den Text aus dem Dokument herauslösen zu lassen und ihn als Fließtext anzuzeigen. Das können andere Reader besser (PocketBook oder die freien Androiden). Immerhin kann die Ausrichtung des Bildschirms im PDF-Lesemodus gedreht werden. Leider geht das beim Lesen von eBooks nicht. Wer hier mehr Platz in der Breite möchte, muss zum Aura H2O oder gleich zum Aura One greifen.

Zusammenfassung

Das könnte für den Kobo Clara HD sprechen

  • Nachtlicht
  • Geringes Gewicht
  • Unterstützt die Onleihe (jedoch nur über Adobe Digital Editions)
  • Wörterbücher vorhanden
  • Webartikel per Pocket-Dienst importierbar
  • Eigene Schriften können installiert werden

Das könnte gegen den Kobo Clara HD sprechen

  • Querformat nur bei PDFs möglich
  • Glatte Rückseite

Preise und Bezugsquelle

Fazit

Mit dem Clara HD bringt Kobo nach dem Ausrutscher mit dem Aura 2.Edition endlich wieder einen technisch aktuellen 6-Zöller, mit dem eBooks bequem nun nach im Dunklen gelesen werden können.

Sicher ist es für Kobo wichtig, auch im 6-Zoll-Segment einen Reader anzubieten, der von den grundlegenden technischen Merkmalen in etwa den der größeren Kobos entspricht, um ein einheitliches Portfolio zu bieten. In mir löst der Clara HD keinen “Haben-Wollen-Reflex” aus, wie seine größeren Geschwister. Dafür fehlt mir das gewisse Extra, das ihn von den 6-Zöllern der anderen Hersteller abhebt.

Wer seinen Kobo Glo (HD) oder Aura der 2. Edition ersetzen und bei Kobo bleiben möchte, macht mit dem Clara HD aber nichts verkehrt. Wer ein paar Euro mehr in der Tasche hat, kann aber auch gleich zum Aura H2O greifen, der zwar etwas größer ist, aber durch den größeren Bildschirm mehr Lesekomfort bietet, besser in der Hand liegt und zudem noch wasserdicht ist.

Datenblatt anschauen


Alternativen zum Kobo Clara HD

18 Gedanken zu „Kobo Clara HD im Praxistest“

  1. Danke für den Test. Das Teil ich kaufe ich schon mal nicht … ;)
    Und im Absatz “PDF lesen“ könntest Du den ersten Satz noch einmal überprüfen.

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        • Sieht so aus, stimmt. Man weiß aber nicht, wie die Lichtverhältnisse bei der Aufnahme waren und ob die Beleuchtungen der beiden Geräte eingeschaltet und welche Helligkeit eingestellt war.

          Im direkten Vergleich beider Geräte, die gerade vor mir liegen, kann ich mit der gleichen Schriftart und -größe und dem gleichen Text keinen Unterschied im Kontrastverhältnis zwischen Clara HD und Oasis 2 sehen. Wenn der Unterschied da ist, dann ist er so gering, dass ich ihn nicht sehe und er für mich dementsprechend auch keine Rolle spielt.

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  2. Frage nach “Backlight Bleeding”-Erfahrungen mit dem Clara HD.

    Vor einige Wochen hatte ich mir einen Clara HD übers Internet bestellt. Nach dem Ausspacken und Aussprobieren habe ich das Gerät sofort zurück geschickt wegen starke Lichtstreifen an beide Seiten unten. Bei Mediamarkt hatte ich mir gestern ein tadeloses Gerät angeschaut mit überhaupt kein “Lightbleed”-Problem. Ich habe angenommen das ich beim Kauf einfach nur Pech hatte und hab mir ein zweites mahl einen Clara HD übers Internet schicken lassen (ein anderen Lieferant). Dieses Gerät habe ich auch wieder gleich zurück geschickt weil das Problem sogar noch grösser war. Meine Frage ist dann auch ob ich einfach Pech habe, oder haben mehrere Leute dieses Problem? Dann bleibe ich beim Kindle Paperwhite und kauf mir den neuen KW-2018.

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